Plötzlich steht er vor mir.

Mit großen Augen starrt er mich an. Hechelnd und mit gefletschten Zähnen kommt er langsam auf mich zu.

Ich spüre seine Aufregung, seine Empörung und die Wut in mir.

Langsam setze ich mich hin und lasse ihn auf mich zukommen.

Ich habe keine Angst mehr vor ihm und will ihn nicht mehr loswerden.

Ganz im Gegenteil: Heute bin ich dankbar über jeden Besuch, den er mir abstattet.

Denn ich weiß, dass der Wolf mich an etwas erinnern will. An etwas, das fehlt.

Liebevoll sieht er mich an und fragt:

Was fehlt dir? Was brauchst du jetzt? 

Kleine Fragen mit großer Bedeutung

In der Gewaltfreien Kommunikation mit Kindern sind die Bedürfnisse der größte Schatz.

Egal welches Verhalten dein Kind zeigt - der Schlüssel zur Verbindung liegt in den Bedürfnissen.

Stell dir in der nächsten herausfordernden Situation diese zwei simplen Fragen:

Was brauche ich? Und was brauchst du?


Von Bedürfnissen und der Bedeutung des Wolfes in der GFK

In der Gewaltfreien Kommunikation ist der Wolf ein bekanntes Sinnbild. Aber für was?

Wir reden von der Wolfsprache, wenn sie Drohungen und Zwang enthält. Statische Sprache, die frei von jedem Mitgefühl ist. Es ist, als würde das Ego sprechen. ICH bin die einzige Person, die zählt. 

Ja, das stimmt. Denn im Moment geht es wirklich nur um dich.

Wenn du Dinge sagst oder tust, die du später bereust, dann war der Wolf zu Gast. Und er wollte dir etwas Wichtiges zeigen.

Ich habe lange gedacht, dass es darum geht, den "bösen" Wolf zu vermeiden.

Da habe ich das arme Tier wohl völlig missverstanden. Und gleichzeitig habe ich offenbar einen wichtigen Aspekt aus der GFK übersehen. Dass es so etwas wie gut und böse nicht gibt.

Stattdessen ist alles einfach so, wie es ist. Die Dinge sind so, wie sie sind. Bis wir ihnen unsere Bewertungen überstülpen.

Kommen wir zurück zur Gewaltfreien Kommunikation und unserem Wolf.

Wenn der Wolf kommt und du Dinge sagte oder tust, die „selbstsüchtig“ „egoistisch“ oder gewaltvoll sind, dann darfst du dankbar sein und ihn umarmen.

Denn der Wolf will dich auf ein unerfülltes Bedürfnis aufmerksam machen.

Dann hast du die Chance, diese Bedürfnisse zu erfüllen.

Diese unerfüllten Bedürfnisse zeigen sich auch im Verhalten deines Kindes.

So zeigt dir jedes vermeintlich trotzige, unerwünschte, unangemessene Verhalten deines Kindes mindestens ein unerfülltes Bedürfnis. Jeder Streit und jede Krise deuten auf unerfüllte Bedürfnisse von mindestens einer der beteiligten Menschen hin.


Der Wolf und die 7 unerfüllten Bedürfnisse

Unsere Bedürfnisse sind universell. Das bedeutet: Wir alle haben und kennen sie. 

Wenn sie erfüllt sind, geht es uns gut. Wir sind satt. Demzufolge fühlen wir uns unwohl, wenn mindestens ein Bedürfnis unerfüllt ist. So fühlen wir uns beispielsweise ängstlich, weil wir Sicherheit brauchen. Oder erschöpft, weil wir Ruhe brauchen.

Falls dein Kind also ein „unangebrachtes“ Verhalten zeigt, wütend ist oder „Trotzanfälle“ hat, dann ist mindestens ein Bedürfnis unerfüllt.

Bedürfnisse Bedürfnis nach Autonomie Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern

Diese 7 unerfüllten Bedürfnisse sind häufige Auslöser für Krisen bei Kindern:

1. Bedürfnis nach Empathie: Ich will gesehen und gehört werden.

Eines der häufigsten Bedürfnisse ist das nach Empathie. Gesehen und gehört zu werden ist wichtig für die Entwicklung des Selbstwertgefühls. Denn wenn dein Kind sich gesehen und gehört fühlt, weiß es:

Ich bin wichtig.

Ich bin wertvoll.

Meine Stimme zählt.

Ich habe die Möglichkeit, mitzugestalten.

Mein Umfeld schätzt mich als wertvolles Mitglied.

Was ich sage und tue, wird wahrgenommen und ist bedeutungsvoll.

Mit der Erfüllung dieses Bedürfnisses machst du deinem Kind das größte Geschenk. Achte darauf, dass es in deiner Familie erfüllt ist. 

Mögliche Strategien, um dieses Bedürfnis zu erfüllen:

Gib deinem Kind öfter ein Feedback darüber, was du gerade beobachtest. Nimm dir gemeinsame Zeit für Gespräche oder Aktivitäten.

Sei Präsent. Ohne Ablenkungen. Verzichte während dieser wertvollen Zeit mit deinem Kind möglichst auf Nebenaktivitäten wie TV oder Handy. 

In unserer hektischen Welt ist einfach nur da sein ein echtes Geschenk. Lass alle Gedanken an Dinge, die du tun musst los. 

Gesprächs- und Haltungsimpulse

  • Ich sehe dich.
  • Du bist mir wichtig.
  • Ich freue mich über deinen Beitrag.
  • Deine Gefühle und Bedürfnisse sind wichtig.
  • Ich höre, was du sagst. Ich nehme dich und deine Bedürfnisse wahr. 

2. Bedürfnis nach Autonomie: Ich will mitbestimmen.

Ab einem Alter von etwa 1,5 bis 2 Jahren beginnt bei unseren Kindern die Phase, in der sie aktiv mitbestimmen wollen. Sie wollen den Alltag in der Familie mitgestalten.

Selbst Entscheidungen treffen und Dinge ausprobieren. Kurz gesagt: Unsere Kinder wollen die Welt entdecken.

Zugegeben: Diese Phase ist für die meisten Eltern eine echte Herausforderung. Umso wichtiger ist es, dass du in dieser Zeit deine eigenen Bedürfnisse erfüllst.

Lass deinen Bedürfnistank niemals leer werden. Die liebevolle Selbsteinfühlung ist also während der Autonomiephase für dich lebenswichtig. 

Nimm dir ausreichend Zeit, um dich zu fragen, was du brauchst. Damit schärfst du ganz nebenbei deine Fähigkeit zur Einfühlung. 

Wenn du bedürfnismäßig satt bist, dann kannst du dein Kind entspannt dabei begleiten, sein Bedürfnis nach Autonomie zu erfüllen.

Mögliche Strategien, um dieses Bedürfnis zu erfüllen:

  • Lass dein Kind so viel wie möglich selbst ausprobieren.
  • Bestärke dein Kind in diesem Bedürfnis, indem du kommentierst, was es gerade tut.
  • Reflektiere mit deinem Kind Dinge, die es schon geschafft hat und selbst kann.
  • Überlegt euch in der Familie, was jedes einzelne Familienmitglied während der nächsten Woche/ Monat/ Jahr lernen, entdecken und erforschen möchte.

Gesprächs- und Haltungsimpulse

Das hast du ganz alleine geschafft!

Du kannst schon (Dinge aufzählen, die dein Kind gelernt und geschafft hat).

Ich bin stolz darauf, dass du XXX geschafft hast.

Du möchtest mitbestimmen.

Du willst das alleine machen. Ich freue mich, dass du das ganz alleine ausprobiert hast. 

 

Wenn du Wutanfälle, Streit und ewiges Schimpfen satt hast…

Bedürfnisorientierte Erziehung

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3. Bedürfnis nach Lebendigkeit: Ich will Spielen, Spaß haben und Freude erfahren.

Wie du sicher schon entdeckt hast ist das Bedürfnis nach Spiel elementar wichtig für dein Kind. Und natürlich auch bei den Erwachsenen ist es sehr ausgeprägt. Wir merken es sehr deutlich, wenn Freude und Spaß im Leben fehlen.

Erwachsene haben zwar andere Strategien als Kinder, um ihre Bedürfnisse nach Freude und Spielen zu erfüllen. Dennoch ist das Bedürfnis gleichermaßen ausgeprägt und wichtig. Beim Spielen lernen Kinder die Welt kennen. Sie tauchen ab in unendliche Weiten ihrer Fantasie und Kreativität.

Mögliche Strategien, um dieses Bedürfnis zu erfüllen:

  • Schaffe den Freiraum und reichlich Zeit für Spiel und Spaß im Alltag. 
  • Bringe deinem Kind spielerisch die Dinge bei, die es lernen darf.
  • Erfindet lustige Geschichten während Wartezeiten.
  • Verbinde alltägliche Aufgaben wie Zimmerordnung oder Zähneputzen mit spielerischen Aktivitäten.
  • Warte auf das natürliche Ende der Spielphasen deines Kindes, ohne es vorzeitig zu unterbrechen.

Gesprächs- und Haltungsimpulse

Du möchtest weiterspielen. Ich freue mich so, dass du Spaß hast. Das macht Spaß! Du hast da grad richtig viel Freude, stimmt’s? 

4. Bedürfnis nach Kreativität: Ich will Neues erschaffen und mich schöpferisch ausdrücken

Kinder wollen sich selbst immer wieder neu entdecken und die Welt aktiv mitgestalten. Sehr oft wird dieses Bedürfnis bereits in Kombination mit dem Bedürfnis nach Spiel und Freude erfüllt.

Zum Beispiel in Rollenspielen. Damit bekommen Kinder die Möglichkeit, unterschiedliche Aspekte ihrer Persönlichkeit spielerisch zu erfahren. 

Mit Kreativität bringen Kinder ihr inneres Erleben nach Außen. So werden zum Beispiel Gefühle in Bildern deutlich.

Gleichzeitig verarbeiten sie äußere Eindrücke und bringen diese in ihrem eigenen Verständnis wieder zum Ausdruck. Lassen wir das zu, kann Neues leicht entstehen. So bringen wir die Leichtigkeit in alle Prozesse des Lebens. 

Mögliche Strategien, um dieses Bedürfnis zu erfüllen:

  • Alle Formen der künstlerischen Kreativität wie beispielsweise malen, basteln, singen, tanzen oder Rollenspiele.
  • Frage dein Kind nach seiner Meinung und Ideen.
  • Lass dein Kind den Alltag mitgestalten.
  • Schaffe den Raum und die Bereitschaft für Kreativität.
  • Frage dein Kind bei Schritt 4 der Gewaltfreien Kommunikation nach seinen Ideen für Strategien, um die Bedürfnisse zu erfüllen.

Gesprächs- und Haltungsimpulse

Du möchtest deine Freizeit selbst gestalten. Mir gefällt die Farbe, die du in diesem Bild verwendet hast.

Wenn ich sehe, was du da gemalt hast, dann wird mein Herz ganz warm.

Du möchtest deine eigenen Ideen einbringen.

Hast du eine Idee? Fällt dir etwas dazu ein?

5. Bedürfnis nach Sicherheit: Ich brauche dich als Schutzschild

Kinder brauchen Schutz und Sicherheit. Wir sind dafür verantwortlich, unsere Kinder vor Gefahren von Außen zu beschützen.

Das betrifft zum Beispiel die offensichtlichen Gefahren im Straßenverkehr oder körperliche Gewalt.

Aber auch vor weniger offensichtlichen Gefahren wie emotionale Gewalt. Sei ein Schutzschild für dein Kind, indem du zum Beispiel nicht zulässt, dass dein Kind emotionale Schäden von außen zugefügt werden.

Das betrifft im speziellen Übergriffe durch andere Erwachsene, wie zum Beispiel Familienmitglieder, Ärzt*innen oder Lehrer*innen.

Die Umsetzung der Gewaltfreien Kommunikation ist eine geeignete Strategie, dieses Bedürfnis nach Sicherheit zu erfüllen. 

Weitere Strategien, um dieses Bedürfnis zu erfüllen:

  • Respektiere die natürlichen Grenzen deines Kindes.
  • Sei ein Schutzschild für dein Kind vor äußeren physischen und psychischen Gefahren.
  • Stelle sicher, dass die Bedürfnisse deines Kindes erfüllt werden.
  • Sei der sichere Hafen für dein Kind. Dies kannst du beispielsweise erreichen, indem du die 4 Schritte der Gewaltfreien Kommunikation mit Kindern erlernst, dich um deine Persönlichkeitsentwicklung oder dein inneres Kind kümmerst.

Gesprächs- und Haltungsimpulse

Ich bin für dich da.

Du bist in Sicherheit. 

Ich kümmere mich darum.

Halt/ Stopp (in gefährlichen Situationen). Es wird nicht gehauen/ geschubst.

Ich warte, bis du bereit bist.

Bist du bereit?

Ich respektiere deine Grenzen.

6. Bedürfnis nach Entwicklung: Ich will die Welt erobern

Kinder brauchen dich als Schutz und sicheren Hafen. Andererseits wollen sie auch die Welt und ihre Grenzen entdecken. Sie tun dies, indem sie Erfahrungen sammeln und sich ausprobieren – im Spiel wie im Alltag.

Während der drei Autonomiephasen ist das Bedürfnis nach Entwicklung und Exploration besonders ausgeprägt. 

Unsere Kinder wollen Dinge selber machen, erfahren und erleben. Du bist dafür verantwortlich, ihnen die Möglichkeit dafür zu geben. 

Beispiele für Strategien, um dieses Bedürfnis zu erfüllen:

  • Lass dein Kind seine eigenen Erfahrungen machen, solange es nicht gefährlich ist.
  • Sei der sichere Hafen und beobachte liebevoll, wie dein Kind die Welt entdeckt. Gib deinem Kind die Erlaubnis, Fehler zu machen und sei gleichzeitig immer da, um es aufzufangen.
  • Probiert öfter mal was Neues aus.

Gesprächs- und Haltungsimpulse

Du möchtest ausprobieren, wie das geht?

Das hast du heute entdeckt.

Ich bin da für dich, wenn du mich brauchst.

Ich helfe dir dabei, es selbst zu schaffen.

Brauchst du Unterstützung?

Wenn ich sehe, dass du ganz alleine da hochgeklettert bist, freue ich mich. 

7. Bedürfnis nach Gemeinschaft: Ich will dazugehören

Das Bedürfnis nach Gemeinschaft ist eines der wichtigsten Bedürfnisse. Denn evolutionär gesehen ist es lebensgefährlich, aus der Gruppe ausgeschlossen zu werden.

Verwende daher unter keinen Umständen fragwürdige „Erziehungsmethoden“ der Supernanny wie die stille Treppe.

Denn Isolation ist mit das Schlimmste, was wir unseren Kindern antun können!

Daher ist das Thema Prävention bei Mobbing so wichtig. Wenn ein Kind systematisch ausgegrenzt wird, dann braucht es ganz dringend Unterstützung. 

Du kannst aktiv dazu beitragen, das Gemeinschaftsgefühl in deiner Familie zu stärken. 

Beispiele für Strategien, um dieses Bedürfnis zu erfüllen:

  • Kommuniziere deinem Kind gegenüber, dass ihr eine Familie seid, die füreinander da ist und sich gegenseitig unterstützt. 
  • Verzichte unbedingt auf Strafen, besonders solche die dein Kind bewusst von der Gemeinschaft ausgrenzen. Diese seelische Verletzung ist unverhältnismäßig. 
  • Veranstaltet regelmäßig eine Familienkonferenz, in der wichtige Themen besprochen und geklärt werden.
  • Macht gemeinsame Unternehmungen.

Gesprächs- und Haltungsimpulse

Wir sind ein Team. Gemeinsam schaffen wir das.

Du möchtest mitbestimmen. Du gehörst dazu.

Wir gehören zusammen. Ich bin für dich da.

Wir sind eine Familie. Das ist deine Schwester/ dein Bruder/ deine Mama/ dein Papa.

Wir machen das zusammen. Du bist ein wichtiges Mitglied dieser Familie. 

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